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Vor- und Nachteile des Allradantriebs - Druckversion

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- UncleRobb - 26.08.2014

Jetzt muss ich - als jemand, der zugegebenermaßen noch nie ein Auto mit Allradantrieb gefahren ist - aber auch meinen Senf abgeben. Großes Grinsen

Der konzeptionelle Vorteil eines Allradantriebs kommt natürlich nur in der Beschleunigungsphase zum Tragen, und das auch nur wenn die Traktion ein Problem darstellt, d.h. z.B. beim:

1. Fahren im Gelände oder auf rutschigem Untergrund (z.B. Rallye oder auf Eis und Schnee) und bei:

2. Autos mit niedrigem Leistungsgewicht (d.h. Motorleistung / Fahrzeuggewicht),

2a. beim Anfahren und

2b. beim Beschleunigen aus engen, d.h. langsamen Kurven, außerdem

2c. beim Beschleunigen auf nasser Straße aus niedriger oder mittlerer Geschwindigkeit.

Dragster: Zumindest in den schnellen Klassen profitieren die nicht vom Allradantrieb weil schon im Stand fast das gesamte Fahrzeuggewicht auf den (angetriebenen) Hinterrädern lastet und die Vorderräder beim Anfahren ohnehin angehoben werden.

Für unsere Autos (Corvette) ist Punkt 2 mit allen Unterpunkten relevant. Bereits beim Anfahren auf trockener Straße ist es oft ein Problem, ohne übermäßigen Schlupf voranzukommen. Z.B. auf der Nürburgring Nordschleife habe ich meine liebe Not, im 2. Gang ohne wild ausbrechendes Heck aus engen Kurven zu beschleunigen. Hier hilft eine Renn-Traktionskontrolle, wie sie bei der C6 in den jüngeren Sportmodellen und in jeder(!) C7 als "Performance Traction Management" (PTM) ab Werk eingebaut ist. Wer keine solche Renn-Traktionskontrolle eingebaut hat - die Standard "Traction Control" taugt bei C5 und C6 leider nicht viel - kann z.B. eine der Firma Racelogic nachrüsten. Diese feinfühligere Traktionskontrolle hilft natürlich auch bei rutschigem Untergrund die Fahrsicherheit zu erhöhen. Auf nasser Straße beschleunigt man mit einem leistungsstarken Hecktriebler natürlich tunlich mit wohldosiertem Gasfuß und vermeidet Schaltrucke.

Zum Bremsen: Trotz Hinterrad-Antriebs bremsen unsere Autos an beiden Achsen. Auf trockener Straße mag die Bremse an der Hinterachse wenig Bedeutung haben. Das ändert sich allerdings, wenn der Grip abnimmt, denn dann wird weniger Gewichtskraft an die Vorderachse verschoben und der Anteil der Hinterräder an der Bremskraft nimmt zu. Ist die Straße sehr rutschig, sodass wenig Bremskraft erzeugt werden kann, dann ist im Limes die Hinterachse (bei den neueren Vetten) für genau die Hälfte (!) der Bremskraft zuständig.

Zum Kamm'schen Kreis: Der Kreis kommt unter der Annahme zustande, dass die maximal mögliche Reibungskraft zwischen Reifen und Straße (Haftreibung) in allen Richtungen der Straßenebene konstant ist. Man muss die Haftreibung also als vektorielle Größe betrachten, die man mit den üblichen Formeln (Satz des Pythagoras, etc.) in die Komponenten Beschleunigungs- und Bremskraft einerseits und Seitenführungskraft andererseits aufteilen kann. Aufgrund der Asymmetrie des Reifens (d.h.durch Rillen u.ä.) ist die besagte (gerichtete) Reibungskraft übrigens geringfügig winkelabhängig und sie hängt gleichermaßen geringfügig von der Geschwindigkeit ab.

Allrad-Alternativen zur Corvette: Da fällt mir außer Porsche nicht viel ein. Wenn man das nötige Kleingeld hat kommt vielleicht ein Audi R8 oder ein Lambo in Frage. Selbst in der 1 Mio. Euro-Klasse haben nicht alle Sportwagen einen Allradantrieb (z.B. die Pagani-Modelle, d.h. Zonda und Huayra, haben bloß Heckantrieb).


- JuergenD - 26.08.2014

Auf der Nordschleife braucht man definitiv mit der Corvette keinen Allradantrieb, jedenfalls nicht bei trockenen Verhältnissen. Kopfschütteln

Ich hatte da noch nie, weder mit der C5 noch der C6Z06 ein wild ausbrechendes Heck und die serienmäßige Traktionskontrolle reicht absolut aus, wenn man denn meint damit fahren zu müßen.

Man kann aber auch ohne Fahrhilfen fahren und das Heck bricht immer noch nicht wild aus.


- UncleRobb - 27.08.2014

Jürgen, in welchem Gang fährst du denn auf der Nordschleife die langsamen Kurven? dumdidum

Schau dir mal z.B. an, wie Jim Mero in der C6 ZR1 herumrutscht, wie oft ihm in der Kurve das Heck wegrutscht weil es an Traktion mangelt: klick.


- CCRP - 27.08.2014

naja, Jim Nero als Masstab hier zu nehmen der eine Rekordfahrt am allerletzten Drücker macht wo man natürlich herum"rutscht" verglichen mit einer 9 Minuten Rundenzeit ist schon ein wenig unpassend....


- C6-Güni - 27.08.2014

Der hatte bestimmt die orig. EAGLE F1 drauf...da geht nix... dumdidum

übrigens hält ein Hecktriebler den Nordschleifen Bestwert ( Strassen zugel.)


- eistee - 27.08.2014

Zitat:Original von C6-Güni
übrigens hält ein Hecktriebler den Nordschleifen Bestwert ( Strassen zugel.)
Hält den Rekord nicht der 918 Spyder?

Mal ganz nüchtern betrachtet: Solange die Vorderachse nicht abhebt, verschenke ich bei einem Hecktriebler Längskraftpotential an der Vorderachse.
Sobald mein Fahrzeug so viel Leistung hat, dass die Hinterachse diese in einigen Situationen nicht mehr auf die Straße bringt - und das passiert z.B. bei nasser Fahrbahn sehr schnell - macht Allradantrieb Sinn. Klar, damit hat man Mehrgewicht, aber ab einer gewissen Leistung kommt man einfach nicht drum herum. Wenn man den Allradantrieb dann noch mit einem intelligenten Torque Vectoring System ausstattet sieht der Hecktriebler alt aus...


- Leonie - 27.08.2014

Zitat:Original von JuergenD
Waren Diese Fahrzeuge gleich schwer oder schwerer wie die gegnerischen Fahrezuge ohne Allrad?

Zumindest musste der Motor in den Audis (ungefähr?) an der serienmäßigen Position - komplett vor der Vorderachse - im Fahrzeug verbleiben, beziehungsweise ließ sich das mit dem Quattro nicht anders lösen.

Und zumindest der 200er in der Trans Am ist noch mit einem großen Teil der originalen Karosserie gefahren, während die Konkurrenten teilweise halbe Prototypen mit Gitterrohrrahmen und Frontmittelmotor waren.

Musst mal googeln, ob du noch ein paar Berichte aus der Zeit in amerikanischen Automagazinen (Car and Driver, Motor Trend, Road and Track) findest, ist sehr lustig zu lesen wie das anfängliche Belächeln der Audis nach den ersten Trainingszeiten sehr plötzlich in große Ratlosigkeit umschlägt. Großes Grinsen

Gruß, Bernd Hallo-gruen


- MPF - 27.08.2014

Zitat:Original von CCRP
naja, Jim Nero als Masstab hier zu nehmen der eine Rekordfahrt am allerletzten Drücker macht wo man natürlich herum"rutscht" verglichen mit einer 9 Minuten Rundenzeit ist schon ein wenig unpassend....

Hier muss ich leicht widersprechen, denn genau das ist der Massstab. Ein Hobbynordschleifenheizer, der abundan mal im Grenzbereich unterwegs ist taugt nix zum wirklichen Bewerten der Betriebszustände. "Richtige" Testfahrer sind hier immer im Grenzbereich unterwegs, da schlittert das ganze Auto die ganze Zeit und es bleibt unter Kontrolle. Hier hingegen, in dieser speziellen Diskussion habe ich vermehrt den Eindruck, dass diverse Leute abundan mal ins Rutschen kommen und das als "Schwäche" auslegen, bzw. daraus eine Präferenz beim Fahrwerks- und Antriebskonzept ableiten. Einen wirklich geübten Fahrer würde das höchstwahrscheinlich gar nicht jucken, da sich dieser nicht erschrecken sondern Gegenmaßnahmen einleiten würde.

Bei unseren Testfahrern z.B. ist Einstellungs- und dann auch Berufskriterium, dass die 5-6h am Tag im Grenzbereich unterwegs sein können. Und das konstant, ohne Abweichungen. Zwar nicht am absoluten Maximum (sprich ganz kurz vor Abflug) wie Jim Mero in den bekannten Videos oder so manch andere on Board Kamera von so manch anderem Hersteller, sich aber doch in sehr deutlich anderen Bereichen bewegen, als man es von den hier im Forum geposteten Videos kennt.

Was die grundsätzliche Argumentationskette angeht, muss ich mich Wutzer anschließen (mal wieder dumdidum). Eine Anmerkung dennoch zur Aufgabenverteilung der verschiedenen Achsen. Hier wird oftmals so getan, als sei die Hinterachse nur zum Antreiben (sind ja Hecktriebler, die Vetten) und die Vorderachse nur zum Lenken da. Dem ist jedoch nicht so. Gerade die angeblich für den Bremsvorgang so unwichtige HA ist in eben diesem sehr wichtig (mit ABS noch wichtiger, da feinfühlig geregelt werden kann), da nur diese die nötige Lenkstabilität bzw. Seitenführungskraft aufbringen kann, die nötig ist um das Auto auf Kurs zu halten. Das genau umgekehrte gilt beim Beschleunigen für die VA. Das von Wutzer mehrfach vehement eingeforderte ganzheitliche Beachten des Reibungskuchens ist hier das Wichtige, nicht irgendwelche persönlich eingefärbten Sichtweisen. "Die Physik lässt sich nicht bescheißen" hat man mir mal beigebracht und im Gegensatz zum südländischen "Alles dauert 20min und morgen ist besseres Wetter" hat, kann und wird sich der Spruch bez. der Physik immer behaupten können.


- KSamanek - 12.09.2014

Ich hatte vor der LS3 einen getunten TT Quattro Roadster. Daher meine ich, das wirklich beurteilen zu können. Bin ein Alltagsfahrer wie die meisten hier, auf der Nordschleife war ich noch nie. Will auch definitiv nicht, dass mein Auto driftet oder so, ich möchte möglichst sicher und unaufgeregt schnell fahren, nur zum Spaß.
Im Gegensatz zu einer schweren Limusine bringt der Allrad in einem starken Sportwagen auch im Sommer enorm viel. Bei starker Beschleunigung in langgezogenen Kurven, beim schnellen Ausfahren aus Seitenstrassen etc. ist das eine ganz andere Welt. Immer perfekte Kontrolle, wie auf Schienen. Als mal das Allradateuergerät defekt war, habe ich erst gemerkt, dass selbst das geradeaus Beschleunigen auf guten Straßen den Wagen vor lauter Kraft etwas tänzeln lässt. Mit funktionierendem Allrad könnte man das Lenkrad bei voller Beschleunigung locker mit 2Fingern halten, ein gutes Gefühl. Insbesondere auf unseren abgenutzten Straßen im Hunsrück muss man bei der Vette schon aufpassen, da werden die Sträßchen ganz schnell ganz schön eng. Mit dem Audi habe ich da Busse überholt, auf beiden Seiten vielleicht nur 50 cm platz, voll reingetreten, und es ging ganz unaufgeregt wie auf Schienen rasant vorbei. Mit der Vette würde ich mich das nie trauen. Wenn dann noch die Fahrbahn etwas feucht oder gar nass ist, geht der Quattro wie auf Schienen durch die Kurven, man muss es einfach selbst erlebt haben. Im Winter war es auch toll, aber mit der Vette werde ich im Winter nicht fahren, das machen wohl nur die wenigsten, in sofern ist das nicht relevant. Das Fahren mit der Vette ist viel anstrengender. Aber auch schöner!! Aber wenn es sie mit Allrad gäbe, wäre es das perfekte Auto für mich (ok, bis auf die unangenehme, enorme Wärmeentwicklung, das ist der einzige Wermutstropfen für mich). Wer es nicht glaubt, soll mal einen Audi TTS oder TTRS auf Landstraßen probefahren.

Gruß, Karl


- bseeger - 12.09.2014

Hallo juergenD

Zitat:Man kann aber auch ohne Fahrhilfen fahren und das Heck bricht immer noch nicht wild aus.

Habe 10 Jahre eine C4 Baujahr 1991 gefahren.
Weißt Du wie das ist, wenn man bei Tempo 130 auf der Autobahn Vollgas gibt und die Räder durchdrehen und das Heck mal nach links und mal nach rechts möchte?

Das ist wie ein Tanz auf der Rasierklinge.

Gruß

Bernd