1. Vorbemerkung
Wir leben bekanntlich in einer Epoche der Visualisierung, in welcher das Bild eine dominante Rolle spielt und oft als wichtiger angesehen wird als das gesprochene Wort. So stellt mancher Autor immer wieder enttäuscht fest, dass eine wörtliche Umschreibung eines bestimmten Ereignisses weniger Durchschlagskraft und Erinnerungseffekt hat als die Publikation eines diesbezüglichen Bildes. Die neuen Digitalbildtechniken und die Fortschritte in der Informatik und der Telekommunikation verstärken die Bilderflut. Da dadurch auch mehr Personenbilder in Umlauf gebracht werden, steigt auch das Risiko, Opfer einer Persönlichkeitsverletzung zu werden. Einen gewissen Schutzwall gegen solche Verletzungen bietet das Recht am eigenen Bild, welches im folgenden unter zivilrechtlichen Aspekten zuerst im allgemeinen und dann im Hinblick auf die Datenautobahnen behandelt werden soll. Da sich bei der Übermittlung von Bildern via Internet grenzüberschreitende Rechtsprobleme stellen 1 und das Recht am eigenen Bild national unterschiedlich aufgefasst wird, soll die Rechtslage rechtsvergleichend dargestellt werden.
2. Der Begriff des Rechts am eigenen Bild
Das zivilrechtliche Recht am eigenen Bild bezweckt den Schutz des einzelnen
vor einer Bildaufnahme seiner körperlichen Erscheinung, insbesondere seiner
Physionomie, wobei für den entsprechenden Herstellungs- bzw.
Verbreitungsprozess das Einverständnis fehlt.
Die
„Tathandlungen" vor der eigentlichen Bildaufnahme, d.h. der einfache Blick oder
die etwas eingehendere Betrachtung oder Beobachtung ohne Aufnahme auf einen
Bildträger, werden grundsätzlich vom Recht am eigenen Bild nicht erfasst.
Immerhin können Ausnahmen dort in Betracht gezogen werden, wo es um eine
langdauernde Observation geht, welche eine solche Intensität annimmt, dass von
einer Verletzung des Privatlebens schlechthin gesprochen werden kann 2.
Das Rechtssystem hat einen angemessenen Schutz gegen die in Frage
kommenden „Tathandlungen" bereitzustellen, d.h. das Festhalten (mit Hilfe eines
technischen Apparates) und die Zurverfügungstellung bzw. Verbreitung eines
Personenbildes. Werfen wir einführend einen Blick auf die Schutzmassnahmen gegen
eine Verletzung des Rechts am eigenen Bild, welche die Gesetzgeber der Schweiz,
Frankreichs, Deutschlands und Englands dem Rechtsuchenden zur Verfügung stellen.
3. Das Recht am eigenen Bild in der Schweiz
Der schweizerische Gesetzgeber hat sich in bezug auf den
Persönlichkeitsschutz für eine Generalklausel entschieden: Art. 28 ZGB. Der
Inhalt dieses Artikels wird durch richterliche Interpretation fortentwickelt. So
wurde etwa festgehalten, dass das Recht auf Leben, auf körperliche und
psychische Integrität, auf Ehre, auf das Privatleben, am Namen und insbesondere
am eigenen Bild von dieser Generalklausel abgeleitet werden können 3.
Einige Gerichte und gewisse Autoren haben Zweifel an der
Autonomie, ja sogar an der Existenz eines Rechts am eigenen Bild geäussert
4.
Es wurde dabei namentlich ins Feld geführt, dass in den meisten Fällen eine
Ehrverletzung oder ein rechtswidriges Eindringen in die Privatsphäre vorliege.
Es dürfte jedoch gerechtfertigt sein, ein Recht am eigenen Bild als
besonderes Persönlichkeitsrecht anzuerkennen, insbesondere um Fälle
abzudecken, wo ein Personenbild unter Umständen hergestellt wird, die keinen
Bezug zur Privatsphäre haben, beispielsweise im Falle der Fotografie einer
Person, welche sich an einem öffentlichen Ort (in der sog. Gemeinsphäre)
befindet und zur Bildaufnahme keine Einwilligung gegeben hat.
Das Recht am eigenen Bild schützt namentlich die Physionomie
einer Person, insofern letztere erkennbar bzw. identifizierbar ist
5.
Da Art. 28 ZGB die Privatsphäre schlechthin schützt, ist es z.B. untersagt,
Bildaufnahmen von Personen herzustellen, welche ihre privaten oder intimen
Handlungen betreffen 6. Es
dürfte im weiteren gerechtfertigt sein, gewissen persönlichen Gegenständen
ebenfalls den Schutz nicht zu versagen, sofern diese Gegenstände mit der
Persönlichkeit und der Intimität der Person eng verbunden sind, so z.B. ein
Schlafzimmer oder ein Tagebuch mit persönlichen Aufzeichnungen.
Eine Bildaufnahme verlangt nach einer zumindest stillschweigenden
Einwilligung der abgelichteten Person. Die Tragweite einer solchen
Einwilligung ist im allgemeinen restriktiv zu interpretieren. Die Einwilligung
zur Publikation eines Bildes deckt beispielsweise nicht jegliche Form der
Verwendung. So kann einer Person, welche sich von einem Bekannten fotografieren
lässt, nicht unterstellt werden, sie hätte ebenfalls ihre Einwilligung zur
Benutzung des Bildes im Rahmen einer Werbekampagne gegeben.
Auch ohne Einwilligung kann eine Bildaufnahme zulässig sein,
insbesondere, wenn man sich auf den Rechtfertigungsgrund des überwiegenden
öffentlichen Interesses stützen kann (Art. 28 Abs. 2 ZGB). Dieser
Rechtfertigungsgrund wird oft von den Medien und Untersuchungsbehörden angerufen
7.
Im Hinblick auf berühmte Persönlichkeiten gibt
dieses überwiegende öffentliche Interesse an der Information immer wieder zu
Diskussionen Anlass, zuletzt anlässlich des Unfalltodes von Lady Diana und den
in die Geschehnisse verwickelten Paparazzi 8. Es sei
deshalb in Erinnerung gerufen, dass man in der Rechtslehre grundsätzlich
zwischen absoluten und relativen Berühmtheiten unterscheidet. Die
absoluten Berühmtheiten sind Staatsmänner, Monarchen, Prinze,
ausserordentliche Persönlichkeiten der Wirtschaftswelt, der Wissenschaft, der
Unterhaltung, des Sports, der Kunst, usw. Es sollte in
diesem Zusammenhang wieder einmal gesagt sein, dass auch Berühmtheiten ein Recht
auf Privat- und Familienleben haben, es sei denn, die entsprechenden Bilder
enthüllten etwas Wichtiges im Hinblick auf ihre öffentliche Funktion oder
Stellung 9. Bei
Bildern aus dem Privatbereich 10
muss das öffentliche Interesse an der Information gegenüber dem
Persönlichkeitsrecht bzw. der Rücksicht auf die Menschenwürde und die guten
Sitten abgewogen werden 11. Für
den Journalisten sollte m.E. die Richtschnur gelten, ob über das Ereignis
wirklich mittels Bildberichterstattung berichtet werden muss oder ob es nicht
auch ausreicht, den Sachverhalt mit Worten zu umschreiben 12.
Personen relativer Berühmtheit sind demgegenüber
Personen des aktuellen Zeitgeschehens, welche aufgrund eines von ihrem Willen
unabhängigen Ereignisses in das Licht der Öffentlichkeit gerückt sind, wie z.B.
Opfer spektakulärer Verbrechen oder Unfälle oder Angehörige einer absoluten
Berühmtheit. Auch hier stellt sich oft dieselbe Güterabwägung. Immerhin sollte
aber das Bild einer solchen Personen nur in Verbindung mit dem entsprechenden
Ereignis publiziert werden und von einer gewissen Aktualität sein 13.
4. Die Rechtslage in Frankreich
Im 19. Jahrhundert beriefen sich die französischen Richter auf das Prinzip der ausservertrag-lichen Haftung, sowohl was den Schutz des Privatlebens anging wie desjenigen des Bildes. Die Rechtsprechung hat auf prätorische Art und Weise ein absolutes Recht am eigenen Bild anerkannt, d.h. das Recht jeder Person, sich gegen die rechtswidrige Reproduktion und Verwendung ihres Bildes zu wehren 14. Berühmt geworden ist der Fall der Schauspielerin Rachel auf ihrem Totenbett, in welchem das Tribunal de la Seine am 16. Juni 1858 den absoluten Charakter des Rechts anerkannt hat, sich gegen die Publikation eines Bildes, im vorliegenden Fall einer Zeichnung, zu wehren 15.
Auch wenn die Quellen des gerichtlichen Schutzes des Privatlebens und des Rechts am eigenen Bild alt sind, so gilt dies nicht für deren gesetzliche Regelung. Das Recht am eigenen Bild hat bis heute in der zivilrechtlichen Gesetzgebung Frankreichs keine Grundlage, und das Recht auf das Privatleben wurde erst durch ein Gesetz von 1970 eingeführt. Durch diesen Rechtsakt hat der französische Gesetzgeber einerseits Strafbestimmungen (Art. 368 und 369 Code pénal bzw. Art. 226-1 und 226-2 des neuen Code pénal) eingeführt und anderseits einen neuen Art. 9 des Code civil geschaffen, welcher lapidar festhält, dass „chacun a droit au respect de sa vie privée". Im Falle einer Verletzung des Privatlebens können die Richter jegliche Massnahme treffen, die geeignet ist, die Verletzung zu verhindern oder zu stoppen. Eine solche Massnahme kann z.B. dazu führen, dass der Richter eine Werbekampagne verbietet oder den Verkauf einer bestimmten Publikation stoppt 16.
Im französischen Recht gilt das Prinzip, dass das Recht
am eigenen Bild das Recht jeder Person ist, sich dagegen zu wehren, dass ihr
Bild ohne ihre Einwilligung reproduziert oder verwendet wird. Im weiteren kann
dieses Recht angerufen werden, wenn die Bildaufnahme zwar mit Einwilligung
erfolgte, die Verbreitung oder Verwendung, die davon gemacht wurde, jedoch nicht
Gegenstand der Autorisierung war bzw. die Grenzen der Einwilligung überschritten
hat 17.
Gewisse Ausnahmen sind zulässig, namentlich, wenn es um Bildaufnahmen an
öffentlichen Orten geht 18 oder
um die Fotografie eines Politikers, eines Stars oder einer Person, welche im
Rampenlicht eines aktuellen Gerichtsverfahrens steht 19. In
diesen Fällen ist es nicht immer nötig, die Einwilligung der betroffenen Person
zu haben. Das Recht am eigenen Bild lebt jedoch wieder auf, um den Schutz des
Privatlebens oder den guten Ruf der Person zu wahren 20.
5. Die Rechtslage in Deutschland
Die Kodifizierung des Rechts am eigenen Bild in Deutschland basiert
namentlich auf einem Vorfall, welcher sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts
abgespielt hat. Zwei Journalisten sind heimlich in das Haus von Bismarck
eingedrungen, um Fotos seiner sterblichen Hülle herzustellen. Der Gesetzgeber
hat sich daraufhin beeilt, einen Bildnisschutz zu schaffen, welchen er in das
Urheberrecht einbaute (Gesetz betreffend das Urheberrecht an Werken der
bildenden Künste und der Photographie KUG) 21.
Im weiteren sieht Art. 2 des Grundgesetzes vom 23. Mai
1949 ein verfassungsrechtliches allgemeines Persönlichkeitsrecht vor. Der
Bundesgerichtshof hat bereits 1954 anerkannt, dass gewisse besondere
Persönlichkeitsrechte wie eben das Recht am eigenen Bild Ausdruck eines
wohlverstandenen allgemeinen Persönlichkeitsrechtes seien 22.
Es ist zu beobachten, dass die deutsche Rechtsprechung
eine Tendenz offenbart, das Urheberrecht relativ eng auszulegen und eine
eventuelle Ausdehnung des Schutzes am eigenen Bild durch die weitere Entwicklung
des allgemeinen Persönlichkeitsrechtes anstrebt. So wurde etwa festgestellt,
dass die Fotografie von Sachen, die mit einer Person eng verbunden sind 23 oder
die permanente Beobachtung eines Nachbars mit Hilfe einer Videokamera 24 unter
Umständen als Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechtes gelten. Im
Unterschied zur Situation in Frankreich verzichtet die deutsche Rechtsprechung
und Doktrin darauf, in diesem Zusammehang von einer Verletzung des Privatlebens
oder der Privatsphäre zu sprechen.
Im Unterschied zum amerikanischen, anerkennt das englische Recht bis heute
kein Recht auf Schutz des Privatlebens (right to privacy) und auch kein
Recht am eigenen Bild 25 trotz
mehreren gesetzgeberischen Anläufen, wobei die letzten 1995 unternommen wurden
26. Auch
im Nachgang zum Tod von Prinzessin Diana, welche - von Paparazzi verfolgt - am
31. August 1997 bei einem Autounfall zu Tode gekommen ist, sträubte sich
Premierminister Blair gegen die Schaffung eines privacy law 27.
Persönlichkeitsverletzungen können nur auf Grundlage
einer Ehrverletzungsklage, einer Verletzung des vertraglichen
Vertraulichkeitsprinzipes (breach of confidence) oder des Rechts auf
Schutz vor Belästigung und Beängstigung (trespass and nuisance) verfolgt
werden. Prinzessin Diana hatte vor ihrem Tod von diesen beiden limitierten
Rechtsmitteln Gebrauch gemacht. So hatte sie Klage gegen breach of
confidence gegen den Eigentümer eines Fitness-Salons geführt, welcher sie
heimlich in Turnkleidung fotografiert hatte. Diese Klage wurde später aufgrund
eines zwischen den Parteien gefundenen Vergleichs zurückgezogen 28.
Ferner hatte sie Klage wegen trespass and nuisance gegen einen Fotografen
eingereicht, mit dem Erfolg, dass diesem mittels vorsorglicher Massnahmen
verboten wurde, sich der Prinzessin in einem Umkreis von weniger als 300 m zu
nähern 29.
Abgesehen von diesen zwei Möglichkeiten bleibt das
Opfer einer Persönlichkeitsverletzung grundsätzlich ohne Schutz 30. Diese
Situation ist bedauerlich und führt sehr oft zu sehr ungerechten Ergebnissen. So
z.B. als der Schauspieler Gordon Kaye, welcher 1991 als Opfer eines Autounfalls
im Krankenhaus lag, von zwei als Ärzte verkleideten Journalisten ungebetenen
Besuch erhielt. Diese fotografierten ihn und publizierten die entsprechenden
Bilder in der einschlägigen Presse. Der Supreme Court kam zum Schluss,
dass es unter englischem Recht kein Rechtsmittel gebe, sich gegen eine solche
heimtückische Vorgehensweise, welche eine flagrante Verletzung des
Persönlichkeitsrechtes darstelle, zu wehren 31.
7. Ist das Recht am eigenen Bild durch die Datenautobahnen bedroht ?
Nach diesem generellen Überblick über die Grundlagen des Rechts am eigenen
Bild wollen wir uns nun der Frage zuwenden, in welcher Hinsicht das Recht am
eigenen Bild durch die Datenautobahnen bedroht ist. Es gibt meines Erachtens
drei Gebiete, wo dieses besondere Persönlichkeitsrecht in Frage steht: Bei der
Verwendung von Fotos, Videos, sowie bei der virtuellen Realität.
7.1 Fotos
Internet, insbesondere das World Wide Web, erlaubt die Übermittlung
von Text, Ton und Bildern. Zahlreiche Benutzer des Internet haben ihre eigene
Home Page eingerichtet, welche persönliche Daten preisgibt und auch
Personenbilder (Porträts) enthält. Da die Veröffentlichung solcher Fotos
freiwillig geschieht, liegt logischerweise keine Verletzung des Rechts am
eigenen Bild vor. Immerhin gilt es zu beachten, dass die Veröffentlichung der
Fotos einer Person ohne deren Einwilligung rechtswidrig wäre 32,
selbst wenn es sich um ein einfaches Porträt handelt, das nicht der Privatsphäre
entspringt 33.
Falls die Privat- oder Intimsphäre gegen den Willen der
betroffenen Person verletzt wurde, liegt eine um so deutlichere Verletzung der
Persönlichkeitsrechte vor. In diesem Zusammenhang wären zu erwähnen: Fotos von
nackten oder gefolterten Personen, Fotos einer Person, welche Suizid begangen
hat, eines Unfallopfers oder der sterblichen Hülle einer Person. Was die letzte Kategorie anbelangt, d.h. Bilder von verstorbenen
Personen, stellt sich regelmässig die Frage, wer Inhaber der
Persönlichkeitsrechte ist, da letztere grundsätzlich mit dem Tod erlöschen und
nicht als übertragbar gelten. Die meisten der europäischen Rechtssysteme,
namentlich dasjenige der Schweiz, lassen immerhin zu, dass eine Person in ihren
Pietätsgefühlen gegenüber einem verstorbenen Angehörigen geschützt sein muss,
sodass sie ihr eigenes diesbezügliches Persönlichkeitsrecht geltend machen kann
und somit die Ehre oder das Bild der verstorbenen Person schützen kann 34. Das deutsche Recht geht über diese Konzeption hinaus und sieht vor,
dass gewisse Persönlichkeitsrechte selbst nach dem Tod des Betroffenen bestehen
bleiben, ohne dass diese an die Erben übergehen (postmortaler
Persönlichkeitsschutz) 35.
Was soeben für die Fotos gesagt wurde, gilt gleichermassen für Videobilder. Ein zusätzliches Problem stellt sich in diesem Bereich in bezug auf die Videoüberwachung. Es ist in der Tat immer häufiger, dass Videoüberwachungskameras ans Internet angeschlossen werden (meistens handelt es sich allerdings hierbei nur um Standbilder). Ein solches Vorgehen ist zulässig, sofern der Schwenkbereich der Kamera nur öffentliche Plätze erfassen kann und vorausgesetzt, dass die darauf sichtbaren Personen nicht erkannt werden können 36. Hingegen wäre es nicht zulässig, Bilder zu veröffentlichen, welche von Kameras stammen, die auf private Räumlichkeiten gerichtet sind, wie Umkleidekabinen oder Toiletten 37.
Die Möglichkeit, mit Bildern zu kommunizieren ist aus technischen Gründen zur Zeit noch begrenzt. Videokonferenzen via Internet befinden sich derzeit noch in den Kinderschuhen und können mit den kommerziellen Angeboten, welche auf ISDN-Dienstleistungen basieren, nicht konkurrenzieren. Immerhin bestehen aber erste Videokonferenz-Softwareprogramme wie z.B. das Produkt CUSeeMe oder iSeeU plus. Im weiteren enthält der neue Browser von Microsoft (Explorer 4.0) das Videokonferenzprogramm Net Meeting 2.0. Die Experten sagen voraus, dass die Entwicklung in Richtung weiterer interaktiver Applikationen geht, welche der Verwendung einer CD-Rom oder Fernsehprogrammen gleichen (real time multi-media).
Juristisch ist es wesentlich, der Industrie in Erinnerung zu rufen, dass Sicherungen eingebaut werden, damit diese Geräte und Programme, welche als Videophon oder Videokonferenz dienen, nicht ohne Wissen eines Teilnehmers in Betrieb gesetzt werden können, um allenfalls einer visuellen Bespitzelung zu dienen.
Die virtuelle Realität wird in Zukunft die dritte Dimension in den zum
Internet gehörenden Cyber Space bringen 38. Gegen
Ende der achtziger Jahre wurden die ersten Filme mit künstlichen
dreidimensionalen Personen angefertigt, was letztlich zur Schöpfung künstlicher
Schauspieler führen wird. Die synthetischen Schauspieler ähneln mehr und mehr
menschlichen Schauspielern, was ihr Erscheinen und ihr Verhalten anbelangt.
Animationssysteme werden es erlauben, solche künstlichen Akteure zu führen. Es
wird vorausgesagt, dass gegen das Jahr 2000 Filme realisiert werden können, in
denen Filme mit Schauspielern besetzt werden, die es nicht mehr erlauben,
Wirklichkeit und Täuschung zu unterscheiden 39.
Sofern solche synthetischen Schauspieler keine geklonte Version einer
existierenden Persönlichkeit sind, liegt keine Verletzung des Rechts am eigenen
Bild vor. Zeigt die Film- oder Videosequenz jedoch eine wirklich lebende Person,
um sie in einer Szene erscheinen zu lassen, die sie in Wirklichkeit nie gespielt
hat und zu welcher sie nie ihre Einwilligung gegeben hätte, sind die
Persönlichkeitsrechte verletzt. Immerhin gilt es zu bemerken, dass einige
Rechtssysteme dem Autor einer solchen Montage einen Rechtfertigungsgrund
zubilligen könnten (z.B. künstlerische Absichten oder die Notwendigkeit der
öffentlichen Information).
In dieser Hinsicht nähert
sich die virtuelle Realität der Problematik von Bildmanipulationen, wie sie mehr
und mehr bei digitalen Bildern vorkommen. Solche Manipulationen stellen
regelmässig eine Verletzung des Rechts am eigenen Bild dar und können auch als
Ehrverletzung geahndet werden 40.
Soweit eine erste Tatbestandsaufnahme auf der Datenautobahn. Wie immer bei neuen technischen Entwicklungen, die am Anfang stehen, ist es schwierig, alle juristischen Auswirkungen bereits abzusehen. Es ist jedoch kein Zweifel daran, dass uns das Thema des Persönlichkeitsschutzes und des Rechts am eigenen Bild noch länger beschäftigen wird.
* Deutsche überarbeitete Version eines am 10. April 1997 in Monaco vor der Union des Avocats Européens gehaltenen Vortrages im Rahmen des “Forum européen sur le droit des télécommunications, des autoroutes de l’information et du multimédia“.
©
Publiziert in "COMPUTER UND RECHT", CR 7/1998, S. 439 ff.
Veröffentlichung auf dieser Website mit freundlicher Genehmigung der
Redaktion COMPUTER UND RECHT, Köln (Deutschland).
** Der Autor ist Partner der Firma Python Schifferli Peter & Partner.