DAS RECHT AM EIGENEN BILD AUF DER DATENAUTOBAHN *
 
Dr.iur. Thomas Legler, Rechtsanwalt  in Genf und Bern  **


1. Vorbemerkung

Wir leben bekanntlich in einer Epoche der Visualisierung, in welcher das Bild eine dominante Rolle spielt und oft als wichtiger angesehen wird als das gesprochene Wort. So stellt mancher Autor immer wieder enttäuscht fest, dass eine wörtliche Umschreibung eines bestimmten Ereignisses weniger Durchschlagskraft und Erinnerungseffekt hat als die Publikation eines diesbezüglichen Bildes. Die neuen Digitalbildtechniken und die Fortschritte in der Informatik und der Telekommunikation verstärken die Bilderflut. Da dadurch auch mehr Personenbilder in Umlauf gebracht werden, steigt auch das Risiko, Opfer einer Persönlichkeitsverletzung zu werden. Einen gewissen Schutzwall gegen solche Verletzungen bietet das Recht am eigenen Bild, welches im folgenden unter zivilrechtlichen Aspekten zuerst im allgemeinen und dann im Hinblick auf die Datenautobahnen behandelt werden soll. Da sich bei der Übermittlung von Bildern via Internet grenzüberschreitende Rechtsprobleme stellen 1 und das Recht am eigenen Bild national unterschiedlich aufgefasst wird, soll die Rechtslage rechtsvergleichend dargestellt werden.


2. Der Begriff des Rechts am eigenen Bild

Das zivilrechtliche Recht am eigenen Bild bezweckt den Schutz des einzelnen vor einer Bildaufnahme seiner körperlichen Erscheinung, insbesondere seiner Physionomie, wobei für den entsprechenden Herstellungs- bzw. Verbreitungsprozess das Einverständnis fehlt.

Die „Tathandlungen" vor der eigentlichen Bildaufnahme, d.h. der einfache Blick oder die etwas eingehendere Betrachtung oder Beobachtung ohne Aufnahme auf einen Bildträger, werden grundsätzlich vom Recht am eigenen Bild nicht erfasst. Immerhin können Ausnahmen dort in Betracht gezogen werden, wo es um eine langdauernde Observation geht, welche eine solche Intensität annimmt, dass von einer Verletzung des Privatlebens schlechthin gesprochen werden kann 2.
 
Das Rechtssystem hat einen angemessenen Schutz gegen die in Frage kommenden „Tathandlungen" bereitzustellen, d.h. das Festhalten (mit Hilfe eines technischen Apparates) und die Zurverfügungstellung bzw. Verbreitung eines Personenbildes. Werfen wir einführend einen Blick auf die Schutzmassnahmen gegen eine Verletzung des Rechts am eigenen Bild, welche die Gesetzgeber der Schweiz, Frankreichs, Deutschlands und Englands dem Rechtsuchenden zur Verfügung stellen.


3. Das Recht am eigenen Bild in der Schweiz

Der schweizerische Gesetzgeber hat sich in bezug auf den Persönlichkeitsschutz für eine Generalklausel entschieden: Art. 28 ZGB. Der Inhalt dieses Artikels wird durch richterliche Interpretation fortentwickelt. So wurde etwa festgehalten, dass das Recht auf Leben, auf körperliche und psychische Integrität, auf Ehre, auf das Privatleben, am Namen und insbesondere am eigenen Bild von dieser Generalklausel abgeleitet werden können 3.

Einige Gerichte und gewisse Autoren haben Zweifel an der Autonomie, ja sogar an der Existenz eines Rechts am eigenen Bild geäussert 4. Es wurde dabei namentlich ins Feld geführt, dass in den meisten Fällen eine Ehrverletzung oder ein rechtswidriges Eindringen in die Privatsphäre vorliege. Es dürfte jedoch gerechtfertigt sein, ein Recht am eigenen Bild als besonderes Persönlichkeitsrecht anzuerkennen, insbesondere um Fälle abzudecken, wo ein Personenbild unter Umständen hergestellt wird, die keinen Bezug zur Privatsphäre haben, beispielsweise im Falle der Fotografie einer Person, welche sich an einem öffentlichen Ort (in der sog. Gemeinsphäre) befindet und zur Bildaufnahme keine Einwilligung gegeben hat.

Das Recht am eigenen Bild schützt namentlich die Physionomie einer Person, insofern letztere erkennbar bzw. identifizierbar ist 5. Da Art. 28 ZGB die Privatsphäre schlechthin schützt, ist es z.B. untersagt, Bildaufnahmen von Personen herzustellen, welche ihre privaten oder intimen Handlungen betreffen 6. Es dürfte im weiteren gerechtfertigt sein, gewissen persönlichen Gegenständen ebenfalls den Schutz nicht zu versagen, sofern diese Gegenstände mit der Persönlichkeit und der Intimität der Person eng verbunden sind, so z.B. ein Schlafzimmer oder ein Tagebuch mit persönlichen Aufzeichnungen.

Eine Bildaufnahme verlangt nach einer zumindest stillschweigenden Einwilligung der abgelichteten Person. Die Tragweite einer solchen Einwilligung ist im allgemeinen restriktiv zu interpretieren. Die Einwilligung zur Publikation eines Bildes deckt beispielsweise nicht jegliche Form der Verwendung. So kann einer Person, welche sich von einem Bekannten fotografieren lässt, nicht unterstellt werden, sie hätte ebenfalls ihre Einwilligung zur Benutzung des Bildes im Rahmen einer Werbekampagne gegeben.

Auch ohne Einwilligung kann eine Bildaufnahme zulässig sein, insbesondere, wenn man sich auf den Rechtfertigungsgrund des überwiegenden öffentlichen Interesses stützen kann (Art. 28 Abs. 2 ZGB). Dieser Rechtfertigungsgrund wird oft von den Medien und Untersuchungsbehörden angerufen 7.

Im Hinblick auf berühmte Persönlichkeiten gibt dieses überwiegende öffentliche Interesse an der Information immer wieder zu Diskussionen Anlass, zuletzt anlässlich des Unfalltodes von Lady Diana und den in die Geschehnisse verwickelten Paparazzi 8. Es sei deshalb in Erinnerung gerufen, dass man in der Rechtslehre grundsätzlich zwischen absoluten und relativen Berühmtheiten unterscheidet. Die absoluten Berühmtheiten sind Staatsmänner, Monarchen, Prinze, ausserordentliche Persönlichkeiten der Wirtschaftswelt, der Wissenschaft, der Unterhaltung, des Sports, der Kunst, usw. Es sollte in diesem Zusammenhang wieder einmal gesagt sein, dass auch Berühmtheiten ein Recht auf Privat- und Familienleben haben, es sei denn, die entsprechenden Bilder enthüllten etwas Wichtiges im Hinblick auf ihre öffentliche Funktion oder Stellung 9. Bei Bildern aus dem Privatbereich 10  muss das öffentliche Interesse an der Information gegenüber dem Persönlichkeitsrecht bzw. der Rücksicht auf die Menschenwürde und die guten Sitten abgewogen werden 11. Für den Journalisten sollte m.E. die Richtschnur gelten, ob über das Ereignis wirklich mittels Bildberichterstattung berichtet werden muss oder ob es nicht auch ausreicht, den Sachverhalt mit Worten zu umschreiben 12.

Personen relativer Berühmtheit sind demgegenüber Personen des aktuellen Zeitgeschehens, welche aufgrund eines von ihrem Willen unabhängigen Ereignisses in das Licht der Öffentlichkeit gerückt sind, wie z.B. Opfer spektakulärer Verbrechen oder Unfälle oder Angehörige einer absoluten Berühmtheit. Auch hier stellt sich oft dieselbe Güterabwägung. Immerhin sollte aber das Bild einer solchen Personen nur in Verbindung mit dem entsprechenden Ereignis publiziert werden und von einer gewissen Aktualität sein 13.


4. Die Rechtslage in Frankreich

Im 19. Jahrhundert beriefen sich die französischen Richter auf das Prinzip der ausservertrag-lichen Haftung, sowohl was den Schutz des Privatlebens anging wie desjenigen des Bildes. Die Rechtsprechung hat auf prätorische Art und Weise ein absolutes Recht am eigenen Bild anerkannt, d.h. das Recht jeder Person, sich gegen die rechtswidrige Reproduktion und Verwendung ihres Bildes zu wehren 14. Berühmt geworden ist der Fall der Schauspielerin Rachel auf ihrem Totenbett, in welchem das Tribunal de la Seine am 16. Juni 1858 den absoluten Charakter des Rechts anerkannt hat, sich gegen die Publikation eines Bildes, im vorliegenden Fall einer Zeichnung, zu wehren 15.

Auch wenn die Quellen des gerichtlichen Schutzes des Privatlebens und des Rechts am eigenen Bild alt sind, so gilt dies nicht für deren gesetzliche Regelung. Das Recht am eigenen Bild hat bis heute in der zivilrechtlichen Gesetzgebung Frankreichs keine Grundlage, und das Recht auf das Privatleben wurde erst durch ein Gesetz von 1970 eingeführt. Durch diesen Rechtsakt hat der französische Gesetzgeber einerseits Strafbestimmungen (Art. 368 und 369 Code pénal bzw. Art. 226-1 und 226-2 des neuen Code pénal) eingeführt und anderseits einen neuen Art. 9 des Code civil geschaffen, welcher lapidar festhält, dass „chacun a droit au respect de sa vie privée". Im Falle einer Verletzung des Privatlebens können die Richter jegliche Massnahme treffen, die geeignet ist, die Verletzung zu verhindern oder zu stoppen. Eine solche Massnahme kann z.B. dazu führen, dass der Richter eine Werbekampagne verbietet oder den Verkauf einer bestimmten Publikation stoppt 16.

Im französischen Recht gilt das Prinzip, dass das Recht am eigenen Bild das Recht jeder Person ist, sich dagegen zu wehren, dass ihr Bild ohne ihre Einwilligung reproduziert oder verwendet wird. Im weiteren kann dieses Recht angerufen werden, wenn die Bildaufnahme zwar mit Einwilligung erfolgte, die Verbreitung oder Verwendung, die davon gemacht wurde, jedoch nicht Gegenstand der Autorisierung war bzw. die Grenzen der Einwilligung überschritten hat 17. Gewisse Ausnahmen sind zulässig, namentlich, wenn es um Bildaufnahmen an öffentlichen Orten geht 18 oder um die Fotografie eines Politikers, eines Stars oder einer Person, welche im Rampenlicht eines aktuellen Gerichtsverfahrens steht 19. In diesen Fällen ist es nicht immer nötig, die Einwilligung der betroffenen Person zu haben. Das Recht am eigenen Bild lebt jedoch wieder auf, um den Schutz des Privatlebens oder den guten Ruf der Person zu wahren 20.
 

5. Die Rechtslage in Deutschland

Die Kodifizierung des Rechts am eigenen Bild in Deutschland basiert namentlich auf einem Vorfall, welcher sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts abgespielt hat. Zwei Journalisten sind heimlich in das Haus von Bismarck eingedrungen, um Fotos seiner sterblichen Hülle herzustellen. Der Gesetzgeber hat sich daraufhin beeilt, einen Bildnisschutz zu schaffen, welchen er in das Urheberrecht einbaute (Gesetz betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie KUG) 21.

Im weiteren sieht Art. 2 des Grundgesetzes vom 23. Mai 1949 ein verfassungsrechtliches allgemeines Persönlichkeitsrecht vor. Der Bundesgerichtshof hat bereits 1954 anerkannt, dass gewisse besondere Persönlichkeitsrechte wie eben das Recht am eigenen Bild Ausdruck eines wohlverstandenen allgemeinen Persönlichkeitsrechtes seien 22.

Es ist zu beobachten, dass die deutsche Rechtsprechung eine Tendenz offenbart, das Urheberrecht relativ eng auszulegen und eine eventuelle Ausdehnung des Schutzes am eigenen Bild durch die weitere Entwicklung des allgemeinen Persönlichkeitsrechtes anstrebt. So wurde etwa festgestellt, dass die Fotografie von Sachen, die mit einer Person eng verbunden sind 23 oder die permanente Beobachtung eines Nachbars mit Hilfe einer Videokamera 24 unter Umständen als Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechtes gelten. Im Unterschied zur Situation in Frankreich verzichtet die deutsche Rechtsprechung und Doktrin darauf, in diesem Zusammehang von einer Verletzung des Privatlebens oder der Privatsphäre zu sprechen.


6. Die Situation in England

Im Unterschied zum amerikanischen, anerkennt das englische Recht bis heute kein Recht auf Schutz des Privatlebens (right to privacy) und auch kein Recht am eigenen Bild 25 trotz mehreren gesetzgeberischen Anläufen, wobei die letzten 1995 unternommen wurden 26. Auch im Nachgang zum Tod von Prinzessin Diana, welche - von Paparazzi verfolgt - am 31. August 1997 bei einem Autounfall zu Tode gekommen ist, sträubte sich Premierminister Blair gegen die Schaffung eines privacy law 27.

Persönlichkeitsverletzungen können nur auf Grundlage einer Ehrverletzungsklage, einer Verletzung des vertraglichen Vertraulichkeitsprinzipes (breach of confidence) oder des Rechts auf Schutz vor Belästigung und Beängstigung (trespass and nuisance) verfolgt werden. Prinzessin Diana hatte vor ihrem Tod von diesen beiden limitierten Rechtsmitteln Gebrauch gemacht. So hatte sie Klage gegen breach of confidence gegen den Eigentümer eines Fitness-Salons geführt, welcher sie heimlich in Turnkleidung fotografiert hatte. Diese Klage wurde später aufgrund eines zwischen den Parteien gefundenen Vergleichs zurückgezogen 28. Ferner hatte sie Klage wegen trespass and nuisance gegen einen Fotografen eingereicht, mit dem Erfolg, dass diesem mittels vorsorglicher Massnahmen verboten wurde, sich der Prinzessin in einem Umkreis von weniger als 300 m zu nähern 29.

Abgesehen von diesen zwei Möglichkeiten bleibt das Opfer einer Persönlichkeitsverletzung grundsätzlich ohne Schutz 30. Diese Situation ist bedauerlich und führt sehr oft zu sehr ungerechten Ergebnissen. So z.B. als der Schauspieler Gordon Kaye, welcher 1991 als Opfer eines Autounfalls im Krankenhaus lag, von zwei als Ärzte verkleideten Journalisten ungebetenen Besuch erhielt. Diese fotografierten ihn und publizierten die entsprechenden Bilder in der einschlägigen Presse. Der Supreme Court kam zum Schluss, dass es unter englischem Recht kein Rechtsmittel gebe, sich gegen eine solche heimtückische Vorgehensweise, welche eine flagrante Verletzung des Persönlichkeitsrechtes darstelle, zu wehren 31.
 

7. Ist das Recht am eigenen Bild durch die Datenautobahnen bedroht ?

Nach diesem generellen Überblick über die Grundlagen des Rechts am eigenen Bild wollen wir uns nun der Frage zuwenden, in welcher Hinsicht das Recht am eigenen Bild durch die Datenautobahnen bedroht ist. Es gibt meines Erachtens drei Gebiete, wo dieses besondere Persönlichkeitsrecht in Frage steht: Bei der Verwendung von Fotos, Videos, sowie bei der virtuellen Realität.
 
7.1 Fotos

Internet, insbesondere das World Wide Web, erlaubt die Übermittlung von Text, Ton und Bildern. Zahlreiche Benutzer des Internet haben ihre eigene Home Page eingerichtet, welche persönliche Daten preisgibt und auch Personenbilder (Porträts) enthält. Da die Veröffentlichung solcher Fotos freiwillig geschieht, liegt logischerweise keine Verletzung des Rechts am eigenen Bild vor. Immerhin gilt es zu beachten, dass die Veröffentlichung der Fotos einer Person ohne deren Einwilligung rechtswidrig wäre 32, selbst wenn es sich um ein einfaches Porträt handelt, das nicht der Privatsphäre entspringt 33.
 
Falls die Privat- oder Intimsphäre gegen den Willen der betroffenen Person verletzt wurde, liegt eine um so deutlichere Verletzung der Persönlichkeitsrechte vor. In diesem Zusammenhang wären zu erwähnen: Fotos von nackten oder gefolterten Personen, Fotos einer Person, welche Suizid begangen hat, eines Unfallopfers oder der sterblichen Hülle einer Person. Was die letzte Kategorie anbelangt, d.h. Bilder von verstorbenen Personen, stellt sich regelmässig die Frage, wer Inhaber der Persönlichkeitsrechte ist, da letztere grundsätzlich mit dem Tod erlöschen und nicht als übertragbar gelten. Die meisten der europäischen Rechtssysteme, namentlich dasjenige der Schweiz, lassen immerhin zu, dass eine Person in ihren Pietätsgefühlen gegenüber einem verstorbenen Angehörigen geschützt sein muss, sodass sie ihr eigenes diesbezügliches Persönlichkeitsrecht geltend machen kann und somit die Ehre oder das Bild der verstorbenen Person schützen kann 34Das deutsche Recht geht über diese Konzeption hinaus und sieht vor, dass gewisse Persönlichkeitsrechte selbst nach dem Tod des Betroffenen bestehen bleiben, ohne dass diese an die Erben übergehen (postmortaler Persönlichkeitsschutz) 35.

7.2 Videos

Was soeben für die Fotos gesagt wurde, gilt gleichermassen für Videobilder. Ein zusätzliches Problem stellt sich in diesem Bereich in bezug auf die Videoüberwachung. Es ist in der Tat immer häufiger, dass Videoüberwachungskameras ans Internet angeschlossen werden (meistens handelt es sich allerdings hierbei nur um Standbilder). Ein solches Vorgehen ist zulässig, sofern der Schwenkbereich der Kamera nur öffentliche Plätze erfassen kann und vorausgesetzt, dass die darauf sichtbaren Personen nicht erkannt werden können 36. Hingegen wäre es nicht zulässig, Bilder zu veröffentlichen, welche von Kameras stammen, die auf private Räumlichkeiten gerichtet sind, wie Umkleidekabinen oder Toiletten 37.

Die Möglichkeit, mit Bildern zu kommunizieren ist aus technischen Gründen zur Zeit noch begrenzt. Videokonferenzen via Internet befinden sich derzeit noch in den Kinderschuhen und können mit den kommerziellen Angeboten, welche auf ISDN-Dienstleistungen basieren, nicht konkurrenzieren. Immerhin bestehen aber erste Videokonferenz-Softwareprogramme wie z.B. das Produkt CUSeeMe oder iSeeU plus. Im weiteren enthält der neue Browser von Microsoft (Explorer 4.0) das Videokonferenzprogramm Net Meeting 2.0. Die Experten sagen voraus, dass die Entwicklung in Richtung weiterer interaktiver Applikationen geht, welche der Verwendung einer CD-Rom oder Fernsehprogrammen gleichen (real time multi-media).

Juristisch ist es wesentlich, der Industrie in Erinnerung zu rufen, dass Sicherungen eingebaut werden, damit diese Geräte und Programme, welche als Videophon oder Videokonferenz dienen, nicht ohne Wissen eines Teilnehmers in Betrieb gesetzt werden können, um allenfalls einer visuellen Bespitzelung zu dienen.

7.3 Virtuelle Realität

Die virtuelle Realität wird in Zukunft die dritte Dimension in den zum Internet gehörenden Cyber Space bringen 38. Gegen Ende der achtziger Jahre wurden die ersten Filme mit künstlichen dreidimensionalen Personen angefertigt, was letztlich zur Schöpfung künstlicher Schauspieler führen wird. Die synthetischen Schauspieler ähneln mehr und mehr menschlichen Schauspielern, was ihr Erscheinen und ihr Verhalten anbelangt. Animationssysteme werden es erlauben, solche künstlichen Akteure zu führen. Es wird vorausgesagt, dass gegen das Jahr 2000 Filme realisiert werden können, in denen Filme mit Schauspielern besetzt werden, die es nicht mehr erlauben, Wirklichkeit und Täuschung zu unterscheiden 39. Sofern solche synthetischen Schauspieler keine geklonte Version einer existierenden Persönlichkeit sind, liegt keine Verletzung des Rechts am eigenen Bild vor. Zeigt die Film- oder Videosequenz jedoch eine wirklich lebende Person, um sie in einer Szene erscheinen zu lassen, die sie in Wirklichkeit nie gespielt hat und zu welcher sie nie ihre Einwilligung gegeben hätte, sind die Persönlichkeitsrechte verletzt. Immerhin gilt es zu bemerken, dass einige Rechtssysteme dem Autor einer solchen Montage einen Rechtfertigungsgrund zubilligen könnten (z.B. künstlerische Absichten oder die Notwendigkeit der öffentlichen Information).

In dieser Hinsicht nähert sich die virtuelle Realität der Problematik von Bildmanipulationen, wie sie mehr und mehr bei digitalen Bildern vorkommen. Solche Manipulationen stellen regelmässig eine Verletzung des Rechts am eigenen Bild dar und können auch als Ehrverletzung geahndet werden 40.

Soweit eine erste Tatbestandsaufnahme auf der Datenautobahn. Wie immer bei neuen technischen Entwicklungen, die am Anfang stehen, ist es schwierig, alle juristischen Auswirkungen bereits abzusehen. Es ist jedoch kein Zweifel daran, dass uns das Thema des Persönlichkeitsschutzes und des Rechts am eigenen Bild noch länger beschäftigen wird.


* Deutsche überarbeitete Version eines am 10. April 1997 in Monaco vor der Union des Avocats Européens gehaltenen Vortrages im Rahmen des “Forum européen sur le droit des télécommunications, des autoroutes de l’information et du multimédia“.

©   Publiziert in "COMPUTER UND RECHT", CR 7/1998, S. 439 ff.
Veröffentlichung auf dieser Website mit freundlicher Genehmigung der Redaktion COMPUTER UND RECHT, Köln (Deutschland).

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** Der Autor ist Partner der Firma Python Schifferli Peter & Partner.

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1. Ausgeklammert bleiben jedoch die spezifischen Belange des internationalen Privatrechts, namentlich diejenigen des Gerichtsstandes und des anwendbaren Rechts. Siehe hierzu u.a. François DESSEMONTET, Internet, les droits de la personnalité et le droit international privé in medialex, 2/97, S. 77 ff.; ders., Internet, le droit d’auteur et le droit international privé, in SJZ 92 (1996), Nr. 15, S. 285 ff.; Thomas STÄHELI, Kollisionsrecht auf dem Information Highway, in Information Highway, Bern/München, 1996, S. 597 ff.
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2. Der Rückgriff auf ein besonderes Persönlichkeitsrecht, wie eben das Recht am eigenen Bild, erübrigt sich.
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3. Es ist zu präzisieren, dass das Recht am eigenen Bild 1922 in bezug auf bestellte Personenbildnisse Eingang ins Urheberrechtsgesetz gefunden hat. Die entsprechenden Artikel wurden jedoch bei der letzten Revision ersatzlos gestrichen.
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4. Siehe u.a. Andreas BUCHER, Personnes physiques et protection de la personnalité, Basel, 1995, N. 478; Franz RIKLIN, Der strafrechtliche Schutz des Rechts am eigenen Bild, in Staat und Gesellschaft, Festschrift für Leo Schürmann zum 70. Geburtstag, Freiburg, 1987, S. 537.
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5. Thomas LEGLER, Vie privée, image volée - La protection pénale de la personnalité contre les prises de vues, Reihe Abhandlungen zum Schweizerischen Recht ASR, Nr. 595, Bern, 1997, S. 102.
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6. In der Schweiz wird mehrheitlich nach wie vor an der „Sphärentheorie“ festgehalten. Nach ihr befindet sich der Mensch stets in einem bestimmten Lebensbereich, nämlich in der Geheim- (oder Intimsphäre), der Privatsphäre (im engeren Sinn) oder im Gemeinbereich (siehe Peter JÄGGI, Fragen des privatrechtlichen Schutzes der Persönlichkeit, in Schweizerische Juristen-Zeitung SJZ 79 II (1960), S. 133a ff.; für Deutschland: Heinrich HUBMANN, Das Persönlichkeitsrecht, Köln/Graz, 1967, S. 216 ff.). Es wäre allerdings falsch, die Sphärentheorie als absolut und nur räumlich zu verstehen. In der Tat kann es schützenswerte Handlungen geben, die einen privaten oder intimen Charakter haben, jedoch in der Gemeinsphäre stattfinden (siehe hierzu Thomas LEGLER, op.cit., S. 142).
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7. In einem neusten Bundesgerichtsentscheid wurde ein solches Interesse auch einem von einer Versicherungsgesellschaft angestellten Detektiv zugebilligt, welcher eine Versicherte zum Beweis ihrer Simulation heimlich filmte (Urteil 5C.187/1997 vom 18.12.1997 ; siehe auch Neue Zürcher Zeitung NZZ vom 20./21.12.1997, S. 16).
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8. Siehe auch den Artikel des Autors in der Neuen Zürcher Zeitung NZZ vom 30. September 1997, S. 7, mit dem Titel : “ Paparazzi, Prominente und Privatsphäre – Der Schutz des Rechts am eigenen Bild in Europa. ”.
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 9. Insofern ein Bild einer berühmten Person als zulässig erachtet wird, kann es im Prinzip jederzeit publiziert werden.
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10. Dem Intimbereich kommt m.E. absoluter Bildnisschutz zu.
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11. Unzulässig wäre es z.B., einen Bundesrat, der eine Herzattacke erleidet, zu fotografieren und das entsprechende Bild zu publizieren (siehe Franz RIKLIN, Der Schutz der Persönlichkeit gegenüber Eingriffen durch Radio und Fernsehen nach schweizerischem Privatrecht, Freiburg, 1968, S. 239). - Inbezug auf Internet sind kürzlich gestellte Pornobilder von Martina Hingis aufgetaucht, die so präpariert waren, dass den Figuren der Kopf des Schweizer Tennisstars aufgesetzt wurde. Dies könnte als strafbare Ehrverletzung geahndet werden. Wie üblich stellt sich jedoch auch hier das technische Problem der Lokalisierung des Täters.
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12. Dabei kann sich der Journalist die naheliegende Frage stellen, ob er persönlich - in der selben Situation bzw. Pose der Berühmtheit - nichts gegen eine Bildaufnahme bzw. Publikation des Bildes hätte.
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13. Thomas LEGLER, op.cit., S. 114, mit Beispielen.
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14. Raymond LINDON, Les droits de la personnalité, dictionnaire juridique éd. Dalloz, Paris, 1983, S. 103, 117.
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15. La Gazette du Palais, 1994 (2e sem.), S. 992.
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16. Siehe z.B. den Fall P. Gallon c. M. Fode Sylla, Entscheid der 14. Kammer der Cour d’Appel von Versailles vom 8. März 1996, wo das Inumlaufbringen einer ein Computerspiel enthaltenen Diskette verboten wurde, welche das Recht am eigenen Bild eines Politikers verletzte.
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17. Raymond LINDON, op.cit., S. 103.
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18. François CHABAS, Leçons de droit civil, Tome I, 2e vol.: Les personnes, la personnalité, les incapacités, Paris, 1986, S. 931; Raymond LINDON, op.cit., S. 107.
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19. Pierre FREMOND, Le droit de la photographie / Le droit sur l’image, Paris, 1985, S. 357 ff.; Raymond LINDON, op.cit., S. 108. FREMOND, S. 366, hält zu Recht fest, dass sich das Recht am eigenen Bild oft mit dem Recht auf Privatleben verschmelzt, insbesondere wenn die Bildaufnahme an einem „lieu privé“ erfolgte.
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20. Gilles GOUBEAUX, Traité de droit civil: Les personnes, Paris, 1989, S. 299.
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21. Für Einzelheiten siehe Thomas LEGLER, op.cit., S. 90 ff.
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22. Jürgen HELLE, Besondere Persönlichkeitsrechte im Privatrecht, Tübingen, 1991, S. 6, 7, 40.
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23. Jürgen HELLE, op.cit., S. 55 ff.
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24. Jürgen HELLE, op.cit., S. 72 f.
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25. Privacy and the Law, A Report by Justice, 1970, S. 8.
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26. The Government’s Response to the House of Commons National Heritage Select Committee, Privacy and Media Intrusion, Juli 1995.
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27. Neue Zürcher Zeitung NZZ vom 2. September 1997, S. 3.
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28. La Gazette du Palais, 1994 (2e sem.), S. 1011.
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29. The Times vom 19. August 1996, Legal Section.
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30. Immerhin gibt es die (relativ schwache) Beschwerdeinstanz der Presse (Press Complaints Commission), die sich in der Regel damit begnügt, Fehltritte der Presse in ihrem Jahresbericht negativ zu erwähnen. Der am 1. Januar 1998 in Kraft getretene neue Verhaltenskodex, wonach eine straffere Selbstzensur eingeführt werden und die Privatsphäre neben dem Heim auch Kirchen, Restaurants, Badestrände und dergleichen umfassen soll, wird keine grosse Abhilfe schaffen, da es wiederum an griffigen Sanktionen fehlt (Neue Zürcher Zeitung NZZ vom 9.9.1997, S. 3, vom 27./28.9.1997, S. 5 und vom 20./21.12.1997, S. 2).
Die neue britische Broadcasting Standards Commission hat im weiteren kürzlich den Entwurf für einen „Fairness and Privacy Code“ vorgelegt. Danach dürfen Fernsehjournalisten nur dann in die Privatsphäre anderer eindringen, wenn es ein überragendes öffentliches Interesse (Verfolgung von Verbrechen, ehrenrühriges Verhalten, Schutz von Sicherheit und Gesundheit) gibt. Der Entwurf hat bei den Sendeanstalten Besorgnis ausgelöst (Berner Zeitung “ Der Bund ” vom 20. August 1997, S. 31).
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31. Kaye v. Robertson and Spot Newspapers Ltd.
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32. Daniel ALDER, Urheberpersönlichkeits- und Persönlichkeitsrechte auf dem Information Highway, in Information Highway, Bern/München, 1996, S. 342. Da das Recht am eigenen Bild primär das Bildnis des Individuums schützt und nicht den wirtschaftlichen Schutz juristischer Personen bezweckt, ist m.E. allerdings ein Vorbehalt zu ALDERS Aussage anzubringen, wonach auch die unbefugte Verwendung eines Firmen-Logos als Anwendungsfall zu betrachten ist.
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33. Siehe den im Computerreport der Neuen Juristischen Wochenschrift (NJW-COR), München, 1995, S. 346, publizierten Fall Stern v. Delphi Internet Services Corp. (New York Supreme Court, 27. April 1995). In diesem Fall hat der New Yorker Internet-Provider Delphi eine Reklame mit einem Bild des New Yorker Discjockeys Stern veröffentlicht. Das Gericht entschied, dass Delphi das Bild verwenden dürfe, da Delphi denselben Schutz wie Vertreiber schriftlicher Medien geniesse.
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34. Thomas LEGLER, op.cit., S. 19 f., 162 ff.
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35. Thomas LEGLER, op.cit., S. 120 f.
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36. Als grundsätzlich zulässig haben deshalb die Bilder zu gelten, die von weitem die Neuengasse in Bern zeigen (http://www.pbi.ch/pbi/kamera/neueng.htm) oder den Hauptbahnhof von Berlin (http://www.fokus.gmd.de/step/view.html). In diesem Zusammenhang ist auch Art. 10 II Abs. 3 des französischen Gesetzes Nr. 95-73 vom 21. Januar 1995 zu erwähnen: es schreibt vor, dass Videoüberwachungskameras nur auf öffentlichen Plätzen installiert werden dürfen und keine Hauseingänge und erst recht nicht das Hausinnere filmen dürfen. Einen m.E. unzulässigen Einsatz einer ans WWW angeschlossenen Videokamera schildert ein am 21. Mai 1997 (S. 9) in der Berner Zeitung „Der Bund“ erschienener Artikel: In Oslo soll eine Kamera den Eingang eines Bordells überwachen und somit jedem Internet-Benutzer die Bilder der Besucher liefern.
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37. Siehe z.B. den Site http://www.cbu.edu/~nvantol/closetcam.html.
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38. Arnaud DUFOUR, Internet, aus der Serie „Que sais-je“, Paris, 1996, S. 76.
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39. Thomas LEGLER, op.cit., S. 263 f.
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40. Vgl. den in der Semaine judiciaire 1995, S. 669 ff. abgedruckten Bundesgerichtsentscheid, kommentiert von Thomas LEGLER, op.cit., S. 106.
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