Spur einstellen notwendig?

[Ing.M.Frank]

So, dann berichte ich mal meine Erfahrung mit Callaway in Leingarten.

Vorab muss ich sagen, dass ich mit einem lachenden und einem weinenden Auge nach Hause gefahren bin!

Hatte gestern Morgen dort einen Termin, also schön um 5 Uhr aufgestanden um vorher noch etwas die Steinchen aus meinen Achsschwingen zu entfernen, damit das Fahrwerk noch etwas tiefer eingestellt werden kann, was ganz ganz toll geklappt hat, da diese durch meine vorangegangene Unterbodenversiegelung mit Öl ein schönes Mosaikbild an den Fahrwerksteilen gebildet haben. Da ich keine Zeit mehr hatte musste ich dennoch losfahren und bin nach 2,5h in Leingarten entspannt angekommen. Dort wurde ich gleich von Herbert Schürg in deren Werkstatt (haben noch weitere Hallen), eine eher kleine aber freundliche und aufgeräumte Lokalität gelotst um mit der Fahrwerkseinstellung zu beginnen. Zuerst wurde eine Eingangsmessung gemacht um den IST-Zustand zu erfassen. Während ein Mitarbeiter dann unter Aufsicht von Hr. Schürg mein Fahrzeug aufbockte und anfing die Blattfedern wider Erwarten doch noch einige Millimeter herunterzuschrauben, erklärte mir Hr. Schürg an dem in der Werkstatt aufgebahrten Callaway C7-Rennwagen aufgrund meinem Interesse daran den genauen Aufbau und die Ideen hinter der Umsetzung und Konstruktion. Auch präsentierte er mir die hauseigenen C7-Umbauten von denen ich sehr begeistert war. Damit ist wohl auch das weinende Auge gemeint, nachdem ich vor mir eine C7 GS AE Cabrio mit Schmidt-Drago-Rädern, Distanzscheiben und den Callaway-Heckspoiler stehen sah. Bin jetzt noch komplett angetan wie brachial das Fahrzeug von hinten aussah, einfach irrsinnig, sehr breit und tief, dagegen sah meine Stingray aus wie ein dünnes Würstchen, trotz Distanzscheiben. Vor allem der flache Heckspoiler lässt das Heck beim Cabrio deutlich flacher erscheinen als diese Stage-3-Wicker. Damit war für mich klar, dass ich mir zukünftig wohl doch noch eine Z06/GS anlachen muss. Der totale Wahnsinn, seither geht mir diese Optik nicht mehr aus dem Kopf. Nachdem der Mitarbeiter (habe den Namen vergessen) unter Anleitung und Aufsicht von Hr. Schürg zwischenzeitlich mein Fahrwerk eingestellt hatte, bat er mich damit eine Probefahrt zu machen. Als ich dann ca. 20km gefahren bin und als Außenstehender sicherlich teils lustige Manöver auf meinem(!) Fahrstreifen gemacht habe, bin ich zurückgekommen und bat Hr. Schürg das Fahrzeug noch agiler und einlenkwilliger einzustellen. Dieser musste lachen und hat das Fahrwerk erneut vermessen und der Mitarbeiter hat dann die Unterlegscheiben hinter den oberen Wishbone-Querlenkern entfernt und wieder unter Hr. Schürg's Anweisung eingestellt. Nach erfolgter Einstellung bat ich dann Hr. Schürg selber mit meinem Fahrzeug eine Probefahrt zu machen, was er mit Freude tat. Nach dessen Rückkehr habe ich dort noch ein vorderen Nummernschildhalter eingekauft und noch etwas mit Hr. Schürg und dem Geschäftsführer gesprochen. Sind ausgesprochen kompetente und umgängliche Personen. Hat mich wirklich gefreut. Die Einstellung mit meinen Sonderwünschen dauerte inklusive Probefahrt ca. 2,5-3h und dafür war der für die Arbeiten aufgerufene Preis wirklich mehr als fair. Absolut. Vor der Einstellung ist mein Fahrzeug gerne leicht nach links gezogen und vorne rechts war die Reifeninnenseite deutlich stärker abgefahren als außen. Es fühlte sich schwammig und unvorhersehbar an. Bei 250km/h auf der Bahn bekam ich vorher feuchte Hände und habe mich ans Lenkrad geklammert wie ein Affe an die Banane. Hatte sich in jeder langgezogenen Kurve angefühlt als würde es das Fahrzeug nach außen ziehen. 

Nach der Einstellung muss ich ehrlich zugeben habe ich teilweise vergessen bei 250km/h die Hände ans Lenkrad zu halten, das ist ja nicht mehr normal was Hr. Schürg da eingestellt hat, von einem Hackebeil zu einem Skalpell. Das Fahrzeug liegt im Vergleich zu vorher extrem satt auf der Straße, kein gelegentliches Gepoltere mehr bei starken Fahrbahnunebenheiten, keine Spurrillenwilligkeit, nichts mehr Dergleichen. Habe dann als ich daheim war meine "Heimatstrecke", ein kurvenreiches Waldstück befahren und in Kombination mit neuen Michelin PS4 (02.2021!) habe ich die Welt nicht mehr verstanden. Bei Geschwindigkeiten bei denen ich vorher am Limit war habe ich jetzt (überspitzt formuliert) nichteinmal daran gedacht die zweite Hand ans Lenkrad zu halten. Einfach pervers. Ach herrje, was habe ich mir da angetan, so werden weder die neuen Reifen lange halten noch meine geistige Eignung ein KFZ zu führen 😁😀😁. Irre. Gerne Wieder.

Gruß Martin

[chrisi01]

Hallo
Schön geschrieben. Da muss ich direkt auch mal einen Termin ausmachen, zumal Leingarten keine 10 km von mir
Entfernt ist. Wieviel bist du nun etwa tiefer, ich habe noch Originalhöhe und da ist die Alltagstauglichkeit gerade so noch gegeben. Klar, tiefer wäre schon hübscher....
Gruß Thomas

[rufusalex]

Hab am Freitag auch meinen Kundendienst inkl. Spureinstellung beim Geiger und bin mal gespannt ob ich dann auch so einen extremen Unterschied feststellen darf.

[StevesRay]

Hallo Martin,

schöner Bericht und immer gut zu wissen, wo man mit seiner Corvette gut aufgehoben ist.

Aber natürlich interessieren uns bei derart positivem Fahreindruck immer auch die Einstellwerte bzgl. Sturz, Spur und Nachlauf (wenn möglich auch hinterer Nachlauf).
Wenn Du berichtest, dass Callaway die Unterlegscheiben am oberen Querlenker entfernt hat, dann nehme ich einmal an, dass da jetzt noch eine statt der ansonsten zwei Unterlegscheiben vorhanden ist? Oder anders gefragt, wieviele Unterlegscheiben hat man Dir in die Hand gedrückt?
In diesem Zusammenhang ist natürlich immer die Frage nach den realisierten Sturzwerten von Interesse. GM spricht ja bei einer Einstellung für den Track von -2° Sturz vorne und hinten. Und die sind aber nur nach Entfernung der Unterlegscheiben darstellbar.
Ich gehe auch einmal davon aus, dass Deine hintere Spurstange Original ist? Welche Spurwerte wurden bei Dir eingestellt?

Hattest Du eigene Vorstellung von der Fahrwerkeinstellung oder hast Du da allein auf die Expertise von Callaway vertraut? So oder so offensichtlich keine schlechte Entscheidung.

Gruß
Stefan

[Gelber Bengel]

Nur mal eine Frage zum Verständnis: Ich kenne es so dass mit erhöhtem Negativsturz die Kurven- und Einlenkwilligkeit wächst, der Geradeauslauf aber frappierend abnimmt. Du berichtest jedoch, dass die Fuhre trotz Entfernen der Unterlegscheiben, also wahrscheinlich bei extremer Negativeinstellung, trotzdem stoisch ruhig auf der Bahn liegt. Daher wären die Werte wirklich mal interessant, die das erreichen. Ich habe vor Jahren genau Deine Geschichte mit meinem Porsche erlebt. Gekauft und festgestellt, dass das Ding weder in Kurven noch geradeaus fahr- und beherrschbar war. Bin dann zu einem namhaften Porsche Rennstall gefahren, einstellen lassen und heraus kam ein Kurvenräuber erster Gürte. Geradeaus aber nervös ohne Ende. Wir haben dann beim Sturz vorne und hinten rückwärts korrigiert bis ein Kompromiss für die Fahrbarkeit auf der öffentlichen Straße gefunden war. Entscheidend waren dabei speziell auch die Werte an der Hinterachse. Der Porsche ist ein Allradler und reagiert auf Nuancen der Werte innerhalb der Werksangaben schon höchst sensibel. Einstellen des Fahrwerks ist für mich eine echte Kunst, vor allem wenn man das wirkliche Fahrprofil des Fahrers treffen will. Deshalb auch meine Skepsis beim netten Reifenhändler von nebenan, der auch mal vermisst und einstellt.

[StevesRay]

Ein Sturz in der Größenordnung von -2° ist für Fahrzeuge mit Frontmittelmotor und Transaxle nicht ungewöhnlich.
Bei Mvercedes-AMG GT lliegt der Sollwert hinten ebenfalls bei diesem Wert, vorne fahren die sogar noch 15' mehr Sturz. Das verstehe ich allerdings von der Theorie nicht so recht, weil durch den Sturz die Reifenauflage geringer wird und man von daher eine geringere Bremsleistung erwarten muss. Wenn dann wie bei der Corvette sich der Sturz auch noch beim Einfedern vergrößert, wird dieser Einfluss sogar noch verstärkt.

Die Sollwerte für den Sturz liegen bei den Porsche GTs vorne und hinten bei -1°30', sind also etwas niedriger.
Auffallend bei Porsche sind immer die geringen Toleranzen (+/- 3'). Die scheinen da zu wissen, was sie wollen. Bei Mercedes-AMG sind es dann so +/- 15'.
Im Vergleich nimmt es hier der General mit +/- 36' nicht so genau.

Gruß
Stefan

[Scherengrätsche]

@ Martin, super Bericht ..Top Top Top..und viel Spaß und ab jetzt trockene Hände bei jedem Tempi.  

Man kann nur empfehlen jede C7 , selbst wenn man nicht die Saisonkarte für die NS hat,  einmal das FW bei einem Profi einstellen zu lassen und zu besprechen,
was denn für die Hauptanwendungen und Fahrprofile die beste Einstellung ist.

Ich bin immer wieder verwundert wenn man auf Kollegen trifft die das bei den Grundeinstellungen aus Übersee nicht benötigen...

Hans

[Ing.M.Frank]

Ich bin nach wie vor sehr begeistert vom Fahrverhalten, vor allem in schärferen Kurven fühlt es sich an als könnte ich ohne Untersteuern immer noch weiter in Richtung Kurveninnenseite ziehen, das ist phänomenal. Im Vergleich zu vorher gibt es in den Kurven bei gleicher Geschwindigkeit deutlich mehr Reserven, bin mit der neuen Einstellung noch weit davon entfernt mich auch nur annähernd in Richtung Grenzbereich zu bewegen. Das werde ich geschwindigkeitstechnisch auf meiner Stammstrecke nicht umsetzen können, sodass ich mir diesen Sommer wohl ein paar Runden Nordschleife buchen muss.

[...] Wieviel bist du nun etwa tiefer, ich habe noch Originalhöhe und da ist die Alltagstauglichkeit gerade so noch gegeben. [...]

 
Ich müsste messen, also es ist bis auf Anschlag runtergedreht (Stingray). Die Höhe dürfte aber bei deiner Z06 generell etwas anders sein.

[...] Wenn Du berichtest, dass Callaway die Unterlegscheiben am oberen Querlenker entfernt hat, dann nehme ich einmal an, dass da jetzt noch eine statt der ansonsten zwei Unterlegscheiben vorhanden ist?
[...] Welche Spurwerte wurden bei Dir eingestellt?

Hattest Du eigene Vorstellung von der Fahrwerkeinstellung oder hast Du da allein auf die Expertise von Callaway vertraut? So oder so offensichtlich keine schlechte Entscheidung. [...]

Hallo Stefan,

ja es ist alles original. Die Spureinstellung wurde nicht auf einem 3D-Achsvermessungsstand gemacht, sondern schön oldschool mit einem analogen Einstellwerkzeug. Es gibt deshalb kein Messprotokoll   . Richtig, es wurde vorne eine von zwei Scheiben rausgenommen. Ich habe Hr. Schürg erstmal ohne Vorgaben die Grundeinstellung machen lassen und nach der Probefahrt dann nochmal spezifisch auf meine Vorlieben einstellen lassen und den Unterschied habe ich sofort bemerkt. Klar, doppelte Arbeit aber ein super Ist-Soll-Vergleich. 

Man muss dazu auch sagen, dass Hr. Schürg nicht nur Irgendjemand ist, er ist Maschinenbauingenieur und Fahrwerkstechniker, ist selber bei Callaway als Rennfahrer aktiv gewesen und hat später verschiedene Hersteller und Rennställe betreut und beraten. Selbst Pressefahrzeuge, wie z.B. die C8 die bei einschlägigen deutschen TV-Sendungen vorgestellt wurde sind durch seine Finger gelaufen. Hr. Schürg ist bereits in Rente und nicht täglich bei Callaway vor Ort. Vor nicht all zu langer Zeit hat die Firma erst damit angefangen auch Privatkunden "On-Demand" zu bedienen. Dachte das wäre noch interessant zu wissen.


Gruß Martin

[uwe_11]

Ein Sturz in der Größenordnung von -2° ist für Fahrzeuge mit Frontmittelmotor und Transaxle nicht ungewöhnlich.
Bei Mvercedes-AMG GT lliegt der Sollwert hinten ebenfalls bei diesem Wert, vorne fahren die sogar noch 15' mehr Sturz. Das verstehe ich allerdings von der Theorie nicht so recht, weil durch den Sturz die Reifenauflage geringer wird und man von daher eine geringere Bremsleistung erwarten muss. Wenn dann wie bei der Corvette sich der Sturz auch noch beim Einfedern vergrößert, wird dieser Einfluss sogar noch verstärkt.

Die Sollwerte für den Sturz liegen bei den Porsche GTs vorne und hinten bei -1°30', sind also etwas niedriger.
Auffallend bei Porsche sind immer die geringen Toleranzen (+/- 3'). Die scheinen da zu wissen, was sie wollen. Bei Mercedes-AMG sind es dann so +/- 15'.
Im Vergleich nimmt es hier der General mit +/- 36' nicht so genau.

Gruß
Stefan

Nur mal so zum Hinweis für Porsche Werte, mein 997 GT3 hatte vorn -3° Sturz und hinten -2°45min.
Die Sturzwerte alleine sagen aber noch nichts über den Gradeauslauf, sondern in Verbindung mit den Spurwerten wird auch der Gradeauslauf sowie damit auch die Nervosität des Fahrzeugs bestimmt.

Er war auf der NoS furchtbar gut zu fahren (siehe Bild), aber vmax 314km/h war trotzdem möglich, problemlos mit einer Hand am Lenkrad waren immer bis knapp 300km/h möglich.
Allerdings sollte man beachten, das bei höherem Sturz durch die geringere Auflage des Reifens dieser bei Gradeausfahrten mit vmax sehr heiss wird und extrem leidet.

Wie gesagt, alles eine Sache der Einstellung, beim M346 fuhr ich mit den Trofeo R vorne weit über -3°, ich meine -3°45min und hinten -3°15min und trotzdem waren auch Autobahnfahrten noch sehr gut zu machen.




Ich hoffe, das ich Ende März/Anfang April wieder zur NoS komme und dann mal ähnliche Bilder der C7 posten kann

Ich werde sie erstmal so fahren wie sie jetzt eingestellt ist, rundum -2° mit Gesamtspur vorne 4min und hinten 16min.
Lässt sich so erstmal ziemlich gut fahren, vorausgesetzt die Reifen sind wirklich warm.

[Corvettle']

Kann man generell sagen, was besser ist bei der C7?
Die Einstellung nach den Werkswerten oder die Einstellung nach den Daten von den Spezialisten wie Callaway oder WW motorsport?
Ist das ne Glaubensfrage, oder vom hauptsächlichen Einsatzzweck, Fahrprofil abhängig?
Meine hab ich von WW in Vilshofen einstellen lassen, mit dem Ergebnis einer deutlichen Verbesserung zu der Werkseinstellung. Mein Händler wiederum meinte aber, die C7 läuft am besten wenn sie genau auf die Werksvorgaben eingestellt wird...